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Reden + Rituale = Resultate ?

  • Autorenbild: Fred Malich
    Fred Malich
  • 3. Apr.
  • 2 Min. Lesezeit

Die derzeit laufenden Koalitionsverhandlungen in Berlin gehen offenbar den gewohnten Gang. Streng vertraulich seien diese Gespräche, zögen sich mitunter zäh in die Länge, denn die Verhandlungsführer hätten Wichtiges bereits vorab kategorisch ausgeschlossen, so dass diese Punkte erstmal in die Fachausschüsse verwiesen worden seien, was aber kein gravierendes Problem sei, wenn man gleichzeitig auf die Kompromissfähigkeit aller setze, wobei sich nun einzelne bereits auf einem Basar wähnen, andere aber einen Kuschelvertrag befürchten.


Unter diesen Umständen scheint es fraglich, ob die Resultate dieser Verhandlungen tatsächlich noch auf 178 Seiten DIN A4 abbildbar sind - so wie weiland der Koalitionsvertrag des Kabinetts Scholz („Mehr Fortschritt wagen“), wobei dieser Vertrag auch schon drei Seiten mehr benötigte als der vorangegangene des vierten Kabinetts Merkel („Ein neuer Aufbruch für Europa“). Wäre es da nicht an der Zeit, auch einmal über solche ritualisierten Verhandlungsprozesse nachzudenken und zu überlegen, wie Kooperation in der Politik alternativ angebahnt werden könnte?


Hier einige Elemente eines alternativen Verhandlungsansatzes:


  • Zu Anfang steht die Beziehung zwischen den Verhandlungsparteien im Mittelpunkt: bestehende Missverständnisse werden offen angesprochen und in für alle befriedigender Weise ausgeräumt.

  • Verhandelt wird anschließend in verbundenen Blöcken, z.B.:

    • Steuer-, Geld- und Rentenpolitik

    • Industrie-, Verkehrs- und Klimapolitik

    • Gesellschafts-, Einwanderungs-, Bildungs- und Kulturpolitik

    • Außen-, Entwicklungs- und Verteidigungspolitik

    • Rechts-, Daten- und Digitalisierungspolitik

  • Jede Verhandlungspartei kennt ihre jeweiligen Prioritäten und minimalen Verhandlungsziele.

  • Zusätzlich zu den erzielten Einigungen wird jeder kontroverse Verhandlungspunkt offen benannt, insbesondere die für einen Kompromiss momentan nicht gegebenen Voraussetzungen und, soweit möglich, zukünftige Lösungsansätze skizziert.

  • Kontroverse Verhandlungspunkte werden zusätzlich aufgelistet, so dass bei der Entscheidung über das Eingehen einer Koalition das davon ausgehende „Koalitionsrisiko“ klar sichtbar ist und deshalb besser bewertet werden kann.

  • Grundsätzliche Zielkonflikte – also die zwischen den vorgenannten Blöcken – werden ebenfalls klar benannt genauso wie die "Leitplanken" wesentlicher Kenngrößen, die in der kommenden Legislaturperiode mindestens erreicht oder keinesfalls unterschritten werden sollen (z.B. Rentenhöhe, Verteidigungsausgaben).


Selbstverständlich müssten sich die Verhandlungspartner unter diesen Bedingungen auch eingestehen, dass eine darauf basierende Koalition möglicherweise keine ganze Legislaturperiode hält. Das wäre dann aber weniger der relativen Kürze eines solchen Koalitionsvertrags geschuldet, sondern wohl eher eine Konsequenz komplexer gesellschaftlicher Wirklichkeiten.

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